Ätiologie

Beim AATM handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang. Eine Mutation auf dem SERPINA1-Gen (Serin-Protease-Inhibitor-A1-Gen) führt in den Hepatozyten zur Bildung von nicht funktionellem AAT und/oder einer verminderten Sekretion des Proteins.

Der Protease-Inhibitor AAT ist für die Inaktivierung von Proteasen zuständig, die bei der unspezifischen Immunantwort freigesetzt werden. Infolge der dauerhaft erniedrigten AAT-Serumkonzentration kommt es zu einer unkontrollierten Protease-Aktivität und dadurch zu einer Proteolyse des Elastins in den Alveolarsepten. Diese Gewebezerstörung macht sich klinisch in einem progredienten Emphysem bemerkbar. [1]

Der Protease-Inhibitor Alpha-1-Antitrypsin

AAT ist ein Akute-Phase-Protein, weshalb es z. B. bei akuten Infektionen als Teil der unspezifischen Immunreaktion innerhalb von 6 bis 48 Stunden zu erhöhten AAT-Serumspiegeln kommt. 

Als Protease-Inhibitor bindet AAT an überschüssig in der Lunge vorhandene Neutrophilen-Elastase, die durch stimulierte neutrophile Granulozyten freigesetzt wird.[2] Die Neutrophilen-Elastase ist ein proteolytisch wirkendes Enzym, das bakterielle Proteine aber auch körpereigenes Elastin abbauen kann.[3]

AAT ist ein Glykoprotein aus 394 Aminosäuren. Es wird durch Hepatozyten, Makrophagen und Epithelzellen des Magen-Darm-Trakts und der Bronchien synthetisiert und sezerniert. Hauptsyntheseort sind die Hepatozyten, von dort gelangt es in den Blutkreislauf und ist in allen Geweben nachzuweisen. [4]

Das Lungengewebe wird durch AAT geschützt, da der Protease-Inhibitor die Aktivität der Neutrophilen-Elastase hemmt. 

AAT-Serumkonzentration

Bei gesunden Menschen liegt die AAT-Serumkonzentration im infektfreien Intervall über 110 mg/dl. Dieser Wert schließt einen klinisch relevanten AATM mit sehr hoher Sicherheit aus.[5]

Patienten mit schwerem AATM weisen dauerhaft erniedrigte AAT-Serumkonzentrationen unter dem schützenden Schwellenwert von 50 mg/dl (11 µmol/l) auf. Bei ihnen ist das Risiko für ein Lungenemphysem erhöht.[1]

Heutzutage werden vor allem die Nephelometrie sowie die Latex-verstärkte Immunturbidimetrie zur Messung der AAT-Serumkonzentration verwendet, da die mittlerweile obsolete Messmethodik der Radialen Immundiffusion die Serumspiegel stark überschätzt hat. [5,6]

 

Rauchende AATM-Patienten haben ein stark erhöhtes Emphysem-Risiko: Erstens bedingt durch die kontinuierliche Anregung der Makrophagenaktivität und die damit verbundene Elastase-Ausschüttung, und zweitens aufgrund von Oxidantien im Zigarettenrauch, welche AAT inaktivieren.[1]

In vielen Fällen kann sich AATM auch in der Leber manifestieren – die Träger des Gendefekts haben ein erhöhtes Risiko, bereits im Kindesalter eine Leberzirrhose zu entwickeln. Dies geschieht insbesondere bei Erkrankten mit homozygotem Z‑mutierten SERPINA1-Gen.[1,7,8] 

Referenzen

[1] ATS/ERS, American Thoracic Society/European Respiratory Society Statement: Standards for the diagnosis and management of individuals with alpha‑1 antitrypsin deficiency. Am J Respir Crit Care Med. 2003;168:818‑900. 

[2] Fregonese L, Stolk J. Hereditary alpha‑1-antitrypsin deficiency and its clinical consequences. Orphanet J Rare Dis. 2008;3:16. 

[3] Ranes J, Stoller JK. A review of alpha‑1 antitrypsin deficiency. Semin Respir Crit Care Med. 2005;26:154‑66. 

[4] Kelly E, Greene CM, Carroll TP, et al. Alpha-1 antitrypsin deficiency. Respir Med. 2010;104:763‑72. 

[5] Greulich T, Fähndrich S, Clarenbach C, et al. Alpha‑1-Antitrypsin-Mangel (AATM) – Ein Expertenstatement. Positionspapier der DGP. Pneumologie. 2020;74(07):436‑442.

[6] McElvaney GN, Sandhaus RA, Miravitlles M. Clinical considerations in individuals with α 1-antitrypsin PI*SZ genotype. Eur Respir J. 2020 Jun 18;55(6):1902410. 

[7] Lindblad D, Blomenkamp K, Teckman J. Alpha‑1-antitrypsin mutant Z protein content in individual hepatocytes correlates with cell death in a mouse model. Hepatology 2007;46:1228‑35.

[8] Hamesch K, Mandorfer M, Pereira VM, et al. Liver Fibrosis and Metabolic Alterations in Adults With alpha-1-antitrypsin Deficiency Caused by the Pi*ZZ Mutation. Gastroenterology. 2019 Sep;157(3):705-719.e18.